Schielen
Das normale Sehen entwickelt sich erst langsam in den ersten 10 Lebensjahren. Während dieser Zeit können anlagebedingte oder äußere Einflüsse die Reifung behindern. Insbesondere Fehlsichtigkeiten und Schielstellungen der Augen, aber auch Augenkrankheiten (z. B. angeborene Linsentrübungen), können zu einer bleibenden Sehschwäche führen. Besonders ungünstig sind diese Störungen in den ersten drei Lebensjahren, da sie häufig nicht bemerkt werden. Deswegen sollten alle Kinder erstmals mit 9-12 Lebensmonaten und dann jährlich (!) augenärztlich untersucht werden.
Bei den behandlungsbedürftigen Fehlsichtigkeiten handelt es sich meist um höhere Übersichtigkeiten und Stabsichtigkeiten. Die Gefahr einer bleibenden Sehschwäche ist besonders groß, wenn rechtes und linkes Auge unterschiedliche Fehlsichtigkeiten haben.
Beim Schielen blicken beide Augen nicht auf den gleichen Punkt. Dabei kann immer das gleiche Auge abweichen oder abwechselnd das rechte und linke. Die Abweichung kann so gering sein, dass die Eltern dies nicht bemerken und auch bei den üblichen kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen nichts auffällt.
Schielfehler können nur durch den Augenarzt erkannt und behandelt werden. Außer der Augenstellung kann auch die Beweglichkeit der Augen gestört sein.
Achtung:
Schielen ist niemals harmlos und „wächst sich auch nicht aus“. Meist kommt es zu einer einseitigen lebenslangen Sehschwäche und fast immer zu Störungen des beidäugigen Sehens, insbesondere des räumlichen Sehvermögens. Deswegen ist eine regelmäßige augenärztliche Untersuchung dringend geboten.
Die augenärztlich-orthoptische Untersuchung in unserer Sehschule umfasst eine Prüfung der Sehschärfe, der Augenstellung und –beweglichkeit und eine Analyse der beidäugigen Zusammenarbeit. Außerdem wird mit verschiedenen Methoden die Augenbrechkraft gemessen (Messung der Fehlsichtigkeit) Die vorderen und hinteren Augenabschnitte werden mit Lupe und Augenmikroskop auf Augenerkrankungen untersucht.
Die Sehschärfeprüfung erfolgt je nach Alter und Mitarbeit des Kindes mit verschiedenen Sehtafeln oder für sehr kleine Kinder mit speziellen Testverfahren. Bereits bei Säuglingen lässt sich die vorhandene Sehschärfe ganz gut abschätzen. Die Überprüfung von Augenstellung, Augenbeweglichkeit und der beidäugigen Zusammenarbeit erfolgt durch verschiedene speziell für Kinder entwickelte Testverfahren. Wichtig ist die objektive Brechkraftbestimmung der Augen, da auch bei beidseits guter altersentsprechender Sehschärfe eine korrekturbedürftige Fehlsichtigkeit vorliegen kann.
Insbesondere Stabsichtigkeiten (sogenannte „Hornhaut- verkrümmungen“) können auch bei kleinen Kindern zuverlässig mit der Video-Refraktometrie bestimmt werden. Eine Übersichtigkeit lässt sich aber nur erkennen, wenn zuvor die Pupillen mit pupillenerweiternden Augentropfen weit getropft wurden. Die Pupillenerweiterung ist auch notwendig, um Krankheiten der Netzhaut mit dem Augenmikroskop zuverlässig zu erkennen. Alle Untersuchungen, auch die Gabe von pupillenerweiternden Augentropfen, sind für Ihr Kind ungefährlich. Da Kinder sehr schnell wachsen, ändern sich auch die Augen und insbesondere die Augenbrechkraft häufig sehr schnell. Deswegen müssen die Untersuchungen regelmäßig wiederholt werden.
Höhere Übersichtigkeiten, Stabsichtigkeiten und insbesondere Brechkraft-Seitenunterschiede müssen konsequent durch das Tragen einer kindgerechten Brille behandelt werden. Auch für kleine Kinder gibt es heute modische und sehr ansprechende Brillengestelle, die eine uneingeschränkte natürliche Beweglichkeit Ihres Kindes ermöglichen. Insbesondere bei größeren Seitenunterschieden muß ggf. das bessere Auge stundenweise zugeklebt werden (Okklusionsbehandlung) um das „schlechtere Auge“ besonders zu fördern. Die Brillenwerte müssen notfalls auch kurzfristig neu bestimmt werden.
Schielstellung müssen fast immer behandelt werden, indem das nichtschielende „gute“ Auge stundenweise zugeklebt wird. So lässt sich meist die Sehschärfe des schielenden Auges deutlich verbessern. Die Schielstellung der Augen lässt sich zu einem späteren Zeitpunkt dann eventuell durch eine Schieloperation bessern.
Fehlsichtigkeiten und Schielen bei Kindern müssen regelmäßig überprüft werden. Die augenärztlich-orthoptische Behandlung erstreckt sich meist bis zum 12. Lebensjahr. Erst dann ist die Entwicklung der Sehstrukturen im Gehirn wirklich abgeschlossen und die Entstehung einer Schwachsichtigkeit praktisch ausgeschlossen.
Achtung:
Sehfehler und Schielen sind keine Schönheitsfehler, sondern Ursache einer lebenslang bleibenden Sehschwäche. Kinderaugen gehören deshalb zum Augenarzt! – Jährlich! Ergreifen Sie jetzt stellvertretend für Ihr Kind die Initiative. Gesunde Augen sind eine wichtige Voraussetzung für eine optimale schulische und spätere berufliche Entwicklung Ihres Kindes.